PET Travel Scheme

Tollwut in der EU & Weltweit

In West- und Mitteleuropa kann die Tollwutsituation - nicht zuletzt aufgrund der flächendeckenden Impfungen beim Hund sowie der Impfkampagnen gegen die Fuchstollwut – als günstig eingestuft werden. Das führt zu der Frage, inwieweit Impfungen bei Haustieren und insbesondere die Kontrolle des Impferfolges überhaupt noch notwendig sind. Ein Blick über die Grenzen zeigt jedoch, dass die Notwendigkeit dieser Maßnahmen nach wie vor gegeben ist.


Der Fall eines tollwutinfizierten Import-Welpen aus Bamberg (s.u.) belegt darüber hinaus, dass die von einigen Tierhaltern nicht als immer sinnvoll erachteten EU-Vorschriften durchaus berechtigt sind und wirft ein Schlaglicht auf die potentielle Gefahr, die von aus dem Urlaub mitgebrachten Tieren ausgehen kann(PDF).


Die Situation in Europa

Die Karte (unten) zeigt die Verteilung der registrierten Tollwutfälle bei Wild- und Haustieren sowie bei Menschen in Europa seit der letzten größeren Änderung der EU-weiten PETS-Regelung (im Jahr 2012). Insgesamt waren es ca. 32.200 Fälle (bei Menschen: insgesamt 48 Fälle), die nach wie vor fast ausschließlich in Ost- und Südosteuropa aufgetreten sind. Darunter sind beliebte Reiseländer wie die Türkei, die Staaten des ehemaligen Jugoslawiens sowie die Baltischen Staaten.

Tollwutfälle

Für Deutschland ist die Tollwutsituation, wie die Karte zeigt, wesentlich günstiger. Und seit 2008 gilt Deutschland bezüglich der klassischen bzw. terrestrischen Tollwut (d.h. Wild- und Haustiere) als Tollwutfrei (dies gilt jedoch nicht für die Fledermaustollwut!). Im östlichen Polen und dessen direkten Nachbarn sieht es jedoch anders aus. Die Tollwut ist dort nach wie vor endemisch.

Vor diesem Hintergrund ist es nach unserer Auffassung völlig unverständlich, dass die Russische Föderation, Weißrussland und auch Bosnien-Herzegowina nach einer Entscheidung des EU-Parlaments zu den Ländern der Gruppe C (vergl. EG 576/2013) gezählt werden. In dieser Gruppe C werden vorwiegend Länder geführt, für die eine „günstige Tollwutsituation“ als gegeben angenommen werden kann. Derzeit sind also nach den Maßstäben der EU die Russische Föderation, Weißrussland und Bosnien-Herzegowina Ländern wie Australien, Japan, USA und Kanada gleichgestellt. Die Konsequenz ist, dass Hunde und Katzen nur mit einer Tollwutimpfung versehen dorthin ausreisen und anschließend auch wieder zurückkehren dürfen, ohne dass eine Immunität dieser Tiere zuvor sichergestellt worden ist. Da wir immer wieder Tiere sehen, die trotz (zum Teil mehrerer) Impfung(en) keine protektive Immunität erlangt haben, reicht eine alleinige Impfung ohne anschließende Kontrolle der Immunantwort tatsächlich nicht aus.

Wir halten die bestehende Regelung (bez. der Einstufung) für eine eklatante Fehlentscheidung der EU. Zumal es für andere Staaten mit einer ungünstigen Tollwutsituation (wie zum Beispiel der Türkei, mit weniger Tollwutfällen) gilt, dass nur Tiere mit einer nachweislich bestehenden Immunität in diese Länder ausreisen und anschließend auch wieder in die EU zurückkommen dürfen.

Wir möchten an dieser Stelle die klare Empfehlung aussprechen, den Impfstatus Ihrer Hunde auch ohne entsprechenden gesetzlichen Zwang überprüfen zu lassen, wenn Sie in Länder reisen, in denen die Tollwut noch immer endemisch ist. Denn nur eine bestehende Immunität kann schützen!

Darüber hinaus ist es von Bedeutung, dass bei ca. 99 % der Übertragungen der Tollwut auf den Menschen Hunde bzw. Hundeartige beteiligt waren bzw. sind. Zur Kontrolle der Tollwut ist es daher notwendig, neben der Impfung der Fuchspopulation auch die Immunität der Haushunde aufrecht zu erhalten. Denken Sie also auch an die Tollwutimpfungen bei Ihrem Hund auch wenn es auf den ersten Blick in Deutschland als nicht wichtig erscheinen mag.
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Die Situation Weltweit

Nach Angaben der WHO sterben jedes Jahr weltweit etwa 50.000 Menschen an den Folgen einer Tollwutinfektion. Die 2. Karte (unten) zeigt die weltweite Verteilung des Tollwutrisikos auf der Basis der epidemiologischen Daten der jeweiligen Länder im Zusammenhang mit der Zugangsmöglichkeit zu (zellkulturbasierten) Tollwutimpfstoffen.

Wenngleich die Situation weltweit regional sehr verschieden ist, sollte die Gefahr einer Tollwutinfektion bei allen Fernreisen mit einkalkuliert und angemessene Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden (vergl. Empfehlungen der WHO).
Tollwutfälle
Für Reisende - Empfehlungen der WHO (engl.)

Für Reisende im Allgemeinen gilt die Empfehlung:

  • Reisende sollten grundsätzlich den direkten Kontakt mit Wildtieren (freilebend oder in Gefangenschaft) vermeiden. Dies gilt insbesondere für Hunde und Katzen.
  • Für Höhlenforscher oder Reisende, die eine Höhle besuchen, ist das Einatmen der Höhlenluft an sich kein Risikofaktor. Allerdings gilt hierbei die Warnung keine Fledermäuse (wegen der Fledermaustollwut) zu berühren oder ungeschützt mit diesen Tiere umzugehen. Für die meisten Länder gilt die Empfehlung, dass bereits nach einem möglichen direkten Kontakt mit Fledermäusen eine expositionelle Impfung durchgeführt werden sollte.

In Abhängigkeit von dem Reiseziel und auf der Grundlage der entsprechenden Einteilung nach der WHO-Karte (siehe oben) gelten die folgenden Empfehlungen:

  • Kategorie 1: kein Tollwutrisiko (no risk; vergl. Karte oben).

  • Kategorie 2: geringes Risiko (low risk; vergl. Karte oben).
    In diesen Ländern bzw. Regionen sollten Reisende, die direkten Kontakt mit Fledermäusen haben werden bzw. könnten (z.B. Wildhüter, Jäger, Wissenschaftler, Tierärzte, Abenteuer-Reisende) eine prä-expositionelle Impfung durchführen.

  • Kategorie 3: mittelgradiges Risiko (medium risk; vergl. Karte oben).
    In diesen Ländern bzw. Regionen sollten Reisende, die direkten Kontakt mit Fledermäusen und anderen Wildtieren, insbesondere Fleischfressern, haben werden bzw. könnten (z.B. Wildhüter, Jäger, Wissenschaftler, Tierärzte, Abenteuer-Reisende) eine prä-expositionelle Impfung durchführen.

  • Kategorie 4: hohes Risiko (high risk; vergl. Karte oben).
    In diesen Ländern bzw. Regionen sollten Reisende, die eine längere Zeit in ländlichen Gebieten verbringen und dabei Aktivitäten wie Laufen, Radfahren, Camping und Wanderungen ausführen wollen, sollten eine prä-expositionelle Impfung durchführen. Eine Immunisierung ist ebenso zu empfehlen: für Personen mit einem besonderen Risiko (z.B. Tierärzte), für Auswanderer, die in Regionen leben möchten, in denen ein Kontakt mit Haustieren (insbesondere Hunden) und fleischfressenden Wildtieren wahrscheinlich ist. Darüber hinaus sollten insbesondere Kinder immunisiert werden, da bei ihnen verhaltensbedingt ein erhöhtes Risiko besteht (sie spielen gerne mit (fremden) Hunden und Katzen bzw. berühren diese häufiger, sie werden häufiger gebissen und sie verschweigen häufiger einen Kontakt mit Tollwut-verdächtigen Tieren).
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Ein realer Fall:

Vor einiger Zeit rief eine Dame aus Indien an und erkundigte sich nach den Bedingungen unter denen ein Hund aus Indien nach Deutschland gebracht werden könnte. In dem Gespräch wurden nach und nach die folgenden Details offenbar: 1. Die Dame war Urlauberin und hatte das Tier erst vor kurzem „entdeckt“ und fühlte sich nun für das Tier verantwortlich, 2. Das Tier war ein Welpe, welcher sehr krank war (ein Tierarzt war nicht einbezogen). 3. Das Muttertier war nicht (mehr) verfügbar, ein Tierbesitzer nicht erkennbar, 4. Aufgrund der Gesamtsituation kann angenommen werden, dass weder die Mutter noch der Welpe gegen Tollwut geimpft waren.

Der Dame war nicht bewusst, dass sie sich in einem Land befand, in dem die Tollwut vorkommt und in dem jedes Jahr mehrere 10.000 Menschen an der Tollwut sterben. Nachdem sie über diesen Sachverhalt aufgeklärt wurde und es nicht ausgeschlossen werden konnte, dass der fragliche Welpe mit dem Tollwutvirus infiziert war, hat sie auf Anraten noch in Indien eine postexpositionelle Impfung begonnen. Im Nachhinein betrachtet war es eine gute Entscheidung von Ihr nachzufragen und nicht auf eigene Faust ein möglicherweise tollwutinfiziertes Tier nach Deutschland zu bringen.

Für mitreisende Haustiere

Für mitreisende Hunde, Katzen und Frettchen gelten die Regelungen nach EG 998/2003 (vergl. Pet Travel Scheme; Einreisebestimmungen).
  • Für Reisen innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten bzw. für Reisen zwischen EU-Mitgliedsstaaten und Ihnen gleichgestellten Drittländern (Gruppe A und B) oder gelisteten Drittländern mit einer „günstigen“ Tollwutsituation (Gruppe C) ist eine gültige Tollwut-Impfung erforderlich. Ggf. bestehen im Einzelfall darüber hinaus weitere Nationalstaatliche Regelungen. (Anmerkung: für die Russische Föderation, Weißrussland und Bosnien-Herzegowina verweisen wir auf unsere Ausführungen [oben]).

  • Für Reisen zwischen EU-Mitgliedsstaaten und Nicht-gelisteten Drittländern d.h. Drittländern mit einer „ungünstigen“ Tollwutsituation ist zur Wiedereinfuhr des Tieres in das Herkunftsland bzw. in die EU 1. eine gültige Tollwut-Impfung sowie 2. ein Immunitätsnachweis erforderlich. Dieser Immunitätsnachweis ist vor der Ausreise durchzuführen und im EU-Heimtierausweis zu dokumentieren.

    Für die Einfuhr der Tiere in das Urlaubsland gelten u.U. davon abweichende Nationalstaatliche Regelungen; diese werden nicht von der EU-Regelung abgedeckt oder berührt.

Das Mitbringen von Tieren aus dem Urlaub

Von der Wiedereinfuhr (Reisen/Urlaub) zu unterscheiden ist der Erstimport von Tieren. Für den Import von Hunden, Katzen und Frettchen gelten ebenfalls die Regelungen nach EG 998/2003 (vergl. Pet Travel Scheme; Einreisebestimmungen).
  • Für den Erstimport aus einem EU-Mitgliedsstaat bzw. Ihnen gleichgestellten Drittländern (Gruppe A und B) oder aus einem gelisteten Drittland mit einer „günstigen“ Tollwutsituation (Gruppe C) ist eine gültige Tollwut-Impfung erforderlich. (Anmerkung: für die Russische Föderation, Weißrussland und Bosnien-Herzegowina verweisen wir auf unsere Ausführungen [oben]).

  • Für den Erstimport aus einem Nicht-gelisteten Drittland in die EU ist 1. eine gültige Tollwut-Impfung, 2. ein Immunitätsnachweis durch ein von der EU anerkanntes Labor, 3. die Einhaltung einer 3-monatigen Wartefrist sowie 4. eine gültige Veterinärbescheinigung, ausgestellt unmittelbar vor Reiseantritt erforderlich (vergl. Pet Travel Scheme; Einreisebestimmungen EU).

Aus Punkt drei ergibt sich, dass das Mitbringen eines Tieres aus dem Urlaub aus einem Nicht-gelisteten Drittland praktisch nicht durchführbar ist. Sollten Sie es dennoch wollen oder versuchen, ist damit ein erheblicher Aufwand verbunden. Wenn das Tier sogar noch vor Ablauf der 3 Monate in die EU gebracht wird, wird es in jedem Falle in Quarantäne genommen und tierärztlich behandelt. Hier können schnell hohe Kosten auflaufen. Der Versuch einer illegalen Einfuhr wird strafrechtlich verfolgt.

Ansonsten sollten Sie daran denken, dass insbesondere von Hunden und seien sie noch so „süß“, eine unkalkulierbare Gefahr für Sie selbst und Ihre Familie ausgeht. Sie können einfach nicht sicher sein, ob „Ihr“ Tier nicht bereits tollwutinfiziert ist und im schlechtesten Fall das Virus sogar noch auf Sie überträgt. Der unter skizzierte Fall zeigt, dass die Gefahr einer Übertragung auf den Menschen durchaus real ist.

Ein realer Fall

Ein 5 Monate alter Hundewelpe mit vorschriftsmäßiger Tollwutimpfung aus Marokko wurde nach Deutschland importiert, wo er wenige Tage nach der Ankunft an der Tollwut erkrankte (Labor bestätigt). Die für die Einfuhr gesetzlich vorgeschriebene Tollwut-Antikörper-Titerbestimmung wurde jedoch nicht durchgeführt und die erforderliche 3-monatige Wartezeit wurde ebenfalls nicht eingehalten. Es ist wohl davon auszugehen, dass sich der Welpe bereits vor oder kurz nach der Impfung mit dem Virus infiziert hat. Ein belastbarer Impfschutz besteht aber frühestens drei Wochen nach erfolgter Impfung (vergl. Presseinformation LRA Bamberg v. 26.07.2013).

Der Fall zeigt, wie wichtig und sinnvoll die tierseuchenrechtlichen Bestimmungen sind und dass diese streng eingehalten werden müssen. Es kann nur davor gewarnt werden, Tiere (v. a. Katzen und Hunde) unbedacht aus dem Ausland mit nach Hause zu nehmen. Auch wenn die Situation dieser Tiere im Urlaubsland bedrückend ist, das Risiko für Sie und Ihre Familie ist, wie der aktuelle Fall zeigt, unter Umständen nicht kalkulierbar. Wenn Sie dennoch helfen oder sogar ein Tier „adoptieren“ möchten, wenden Sie sich besser an eine seriöse Tierschutzorganisation vor Ort.

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Weiterführende Informationen und Links


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