Influenza / Neue Influenza A (pH1N1)

Aviäre Influenza

Erreger und Reservoir

  • Influenza-A-Viren aus der Familie Orthomyxoviridae (Genom: ss RNA in Negativstrangorientierung, ca. 13.600 Basen aufgeteilt in 8 Segmente)
  • Alle 16 zur Zeit bekannten HA- und 9 NA Subtypen wurden aus Vögeln isoliert. Viren der HA-Subtypen H4, H6 sowie H10-16 sind bisher ausschließlich bei Vögeln nachgewiesen worden.
  • Das Reservoir der aviären Influenza-A-Viren sind Vögel im Allgemeinen und Wassergeflügel im Besonderen, wobei Enten eine herausragende Stellung zukommt. Die Überlebensfähigkeit des Virus in der Umwelt ist von den Umgebungsbedingungen, insbesondere Feuchtigkeit und Temperatur abhängig. Bei niedrigen Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt kann das Virus im Wasser bis zu mehreren Wochen persistieren.
  • Anhand der Pathogenität gegenüber Hühnervögeln werden „low pathogenic avian influenza viruses“ (LPAIV) und „high pathogenic avian influenza viruses“ (HPAIV) unterschieden. Infektionen mit LPAIV gehen bei Wassergeflügel mit assymptomatischen oder milden Verläufen einher, bei Hühnervögeln können diese Viren milde bis schwerere Verläufe verursachen. Infektionen mit HPAIV verlaufen bei Hühnervogeln dagegen i.d.R. lethal (Geflügelpest), bei Wassergeflügel weisen diese Viren (i.d.R.) jedoch keine erhöhte Pathogenität auf.
  • Unter den LPAIV sind alle bekannten HA-Subtypen vertreten, wohingegen bei den HPAIV bisher nur Viren der HA-Subtypen H5, H7 und selten auch H9 nachgewiesen wurden. HPAIV scheinen (nach entsprechenden Mutationen) direkt aus LPAIV-Vorläufern hervorzugehen. Ausbrüche mit HPAIV bei Wildvögeln bzw. Nutzgeflügel sind/waren bisher immer zeitlich und regional eng begrenzt. Bei Menschen werden/wurden gelegentlich Infektionen mit aviären Influenza-A-Viren der HP Subtypen H5, H7 sowie H9 (selten) beobachtet, wobei sehr häufig auch ein Zusammenhang mit Wild-, bzw. Nutzgeflügel bestand.
  • Im Jahr 1997 trat in Hong-Kong ein neues aviäres HP H5N1 Virus auf (HP H5N1 Asia; vermutl. durch Reassortment, hervorgegangen aus einem LP H5-Virus mit 2 anderen aviären Influenzaviren [H9N2, H6N1]), welches mit einer ungewöhnlich hohen Pathogentät assoziiert war. Dieses Virus wurde bei sehr engem Kontakt mit infizierten Vögeln auch auf den Menschen übertragen (hierfür waren sehr hohe Virusmengen erforderlich) und ging mit einer sehr hohen Lethalität einher.
  • In der Folgezeit kam es in der Region Hong-Kong sowie in China zu weiteren Ausbrüchen mit HP H5N1 Viren und nachfolgend zu einer weiteren Verbreitung dieser Viren über weite Teile Asiens bis hin nach Afrika, Indien und Europa (hier mit sehr vereinzelten und begrenzten Ausbrüchen unter Wildgeflügel). Weitere Reassortments mit LPAIV führten dazu, dass sich die HP H5N1 Viren in verschiedene Genotypen und Virusstämme diversifizierten. Dieser Prozess ist weiterhin im Gange, wobei dieses Virus (noch?!) nicht die Eigenschaft entwickelt hat, effizient von Mensch zu Mensch übertragen zu werden.

Vorkommen / Verbreitung

  • Seit Ende 2003 wurden Ausbrüche von HPAIV des Subtyps A/H5N1 bei Geflügel zunächst nur aus südostasiatischen Ländern (u. a. Vietnam, Thailand und Indonesien), dann auch aus Ägypten und aus europäischen Ländern berichtet. Die Eindämmung der aviären Influenza wird als sehr problematisch eingeschätzt.
  • Infektionen des Menschen mit aviären Subtypen wie A/ H5N1, A/H7N7 und A/H7N3 waren bisher insgesamt noch seltene Ereignisse und Todesfälle fast ausschließlich mit dem Subtyp A/H5N1 assoziiert. Von Ende 2003 bis September 2009 sind in Südostasien und Ägypten (und in geringem Umfang in der Türkei und in Nigeria) 442 von der WHO bestätigte menschliche Erkrankungsfälle aviärer Influenza durch A/H5N1 aufgetreten (www.who.int/csr/disease/avian_influenza/en/index.html). Fast zwei Drittel dieser Erkrankten verstarben.
  • In den Ländern mit den meisten Ausbrüchen aviärer Influenza bei Vögeln (Indonesien und Vietnam) wurden auch die meisten menschlichen Fälle beobachtet. Bei über 200 Millionen Stück verendeten oder gekeulten Geflügels ist das Risiko menschlicher Erkrankungen insgesamt als extrem niedrig anzusehen. Bisher durchgeführte serologische Studien sprechen nicht dafür, dass die tatsächliche Anzahl menschlicher Infektionen die offiziell bestätigte Anzahl wesentlich übersteigt.
  • Bis auf wenige Ausnahmen konnte in allen untersuchten Fällen ein enger Kontakt der später erkrankten Person zu infiziertem Geflügel bzw. dessen Ausscheidungen festgestellt werden. In einzelnen Fällen fand im Rahmen eines engen körperlichen Kontaktes vermutlich eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung statt, anhaltende Infektketten konnten aber ausgeschlossen werden.
  • Das Auftreten menschlicher Fälle aviärer Influenza durch A/H5N1-Viren in Deutschland ist prinzipiell möglich. Infektionsquellen könnten Kontakt mit infiziertem Geflügel in einem zoonotisch betroffenen Gebiet im Ausland oder auch in Deutschland sein.

Infektion

  • Der Übertragungsweg bzw. der Verlauf der Infektion sind abhängig vom Virus(typ) sowie vom Wirtsorganismus.
  • LPAIV sowie HPAIV werden bei Geflügel/Wassergeflügel faekal/oral übertragen (eine aerogene Übertragung ist jedoch ebenfalls möglich). Die Virusvermehrung findet primär Verdauungstrakt statt und neugebildetes Virus wird mit dem Kot ausgeschieden. Bei LPAIV ist die Ausbreitung des Virus im Wirtstier auf den Verdauungstrakt und/oder den Respirationstrakt beschränkt und die Virustiter sind gering bis moderat. Bei Enten bleibt die Ausbreitung des Virus auf den Verdauungstrakt beschränkt. Bei HPAIV wird dagegen eine systemische Ausbreitung des Virus beobachtet, wobei die Virustiter durchweg höher sind. Obwohl dies auch bei Enten zu beobachten ist, sind hier die Verläufe der Infektion i.d.R. mild.
  • Das HP H5N1 Asia wird bei Geflügel/Wassergeflügel faekal/oral übertragen aber auch sehr effizient über den Respirationstrakt. Es folgt eine systemische Ausbreitung im Wirtstier mit sehr hohen Virustitern. Auch bei Enten sind schwere/tödliche Verläufe häufig. Seit 2002 wird ein starker Neurotropismus beobachtet.
  • Beim Menschen erfolgt die Infektion mit HPAIV bzw. HP H5N1 Asia vermutlich über den Respirationstrakt. Daneben wird auch die Übertragung durch verschlucktes (kontaminiertes) Wasser oder die Selbstinokulation durch Hände diskutiert, die z. B. durch Hühnerexkremente kontaminiert sein könnten.
  • Klinisch tritt nach einer Inkubationszeit von etwa 2 bis 5 Tagen (d. h. etwas länger als bei der saisonalen Influenza) als erstes Symptom meist Fieber auf, begleitet oder gefolgt von respiratorischen Symptomen wie Husten und Atemnot. Auch gastrointestinale Symptome wie Übelkeit, Erbrechen und insbesondere Durchfall sind häufig und gehen den respiratorischen Symptomen nicht selten voraus. Typische Symptome der humanen Influenza-Infektion wie Hals-, Kopf- und Muskelschmerzen können vorkommen, sind aber nicht regelmäßig ausgeprägt.
  • Die Dauer der Ansteckungsfähigkeit bei aviären Influenzaviren ist unzureichend charakterisiert, vor allem auch weil Studien zur Replikationsfähigkeit im unteren Atemwegstrakt nötig sind. Während des Ausbruchs im Jahr 1997 in Hongkong konnte das Virus im Median 6,5 Tage aus nasopharyngealen Patientenproben isoliert werden.

Impfung (beim Menschen)

  • Die STIKO empfiehlt eine Impfung mit dem saisonalen Impfstoff insbesondere für Personen mit erhöhter Gefährdung durch direkten Kontakt zu Geflügel und Wildvögeln. Eine Impfung mit dem aktuellen saisonalen humanen Influenza-Impfstoff bietet zwar keinen direkten Schutz vor Infektionen durch die Erreger der aviären Influenza, sie kann jedoch Doppelinfektionen (und damit Reassortments; s.o.) mit den aktuell zirkulierenden Influenzaviren verhindern. Seit 2008 ist ein H5N1 spezifischer Impfstoff (vom PEI) zugelassen.

Weitere Maßnahmen zur Infektionsvermeidung

  • Bei Desinfektionsmaßnahmen im medizinischen Bereich (z.B. Händedesinfektion, Desinfektion v. Flächen) sollten Desinfektionsmittel mit einer nachgewiesenen und entsprechend deklarierten Viruswirksamkeit mindestens mit "begrenzt viruzid" verwendet werden.

Weiterführende Informationen und Links

  • Dokumente und Informationen zur aviären Influenza u.a. zum aktuellen Stand der Verbreitung in Deutschland (Friedrich Loeffler-Institut): Friedrich Loeffler-Institut)
  • Informationen vom Internationalen Tierseuchenamt (OIE) zur aviären Influenza u.a. zum aktuellen Stand der Verbreitung bei Tieren bzw. Vögeln: OIE/AIV.
  • Informationen der WHO zur aviären Influenza u.a. zum aktuellen Stand der Verbreitung beim Menschen: WHO
(verändert; aus Epidemiologisches Bulletin Nr. 43 v. 26. Oktober 2009)